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AutorenbildGabriele Rasenberger

Noch ehe ich dich im Mutterleib formte, habe ich dich ausersehen


Pfarrer Michael Maas ist der Leiter des Zerntrums für Berufungspastoral in Deutschland. Er hat für diesen Blog sein Berufungzeugnis geschrieben:

In der 9. Klasse hatte ich in der Schule zu wählen. Französisch oder Alt-Griechisch. Die Wahl fiel mir leicht: Französisch. Denn Alt-Griechisch hätte ich ja nur brauchen können, wenn ich Lateinlehrer hätte werden wollen oder Priester. Beides konnte ich locker ausschließen.

Als ich aber dann so zirka 16 Jahre alt war und im Gottesdienst immer wieder um geistliche Berufungen gebetet wurde, etwa in den Fürbitten, hatte ich mich direkt angesprochen gefühlt. Zu der Zeit hatten wir auch zwei Priester aus unserem Ort, die ihr Weihejubiläum feierten. Da spürte ich irgendwie: „Du musst das auch machen.“

Daheim dachte ich dann darüber nach und kam schnell zu dem Ergebnis: Nein, lieber nicht. Denn da müsste man auf Ehe und Familie verzichten – und das wollte ich nicht. Und da müsste man predigen – und das konnte ich nicht. Es sprach also alles dagegen.

So ging das eine ganze Weile hin und her. In der Kirche beim Gottesdienst hatte ich den Eindruck, dass der liebe Gott mich genau dafür haben wollte. Daheim beim Überlegen, was das bedeuten würde, schloss ich es schnell wieder aus.

Zu dieser Zeit war ich in einer Jugendgruppe der Schönstattbewegung, in der wir uns einmal im Monat zum Bibelteilen getroffen hatten. Normalerweise lasen wir den Text des kommenden Sonntagsevangeliums, um uns so besser auf die Messfeier vorzubereiten. Doch an diesem Tag hatte derjenige, der das Treffen gestaltete, aus irgendeinem Grund eine andere Bibelstelle ausgewählt: die Berufung des Propheten Jeremia.

Da heißt es sinngemäß, dass Gott zu Jeremia spricht, dass er ihn schon im Mutterleib dazu bestimmt hat, Prophet zu werden. Jeremia beeindruckt das allerdings weniger. Er will diese Aufgabe nicht antreten, es sprechen zu viele Gründe dagegen. Er fühlt sich noch zu jung; er kann nicht reden; er weiß, dass ein Prophetenschicksal hart sein kann. Also sagt er Gott erst einmal ab.

Doch Gott lässt nicht locker. Er sagt ihm, dass das sicher alles zutreffe, dass er aber mit seinem Mitgehen genauso rechnen dürfe. Dass er zu der Sorge und Schwachheit, die Jeremia empfindet, seine Stärke und Kraft dazu gibt. Das lässt Jeremia letztlich zusagen und seiner Berufung folgen.

Als ich das las, habe ich mich sofort in dem Propheten Jeremia wiederentdeckt. Und ich habe mir gedacht: so berechtigt deine Bedenken sind, der Berufung zum Priester zu folgen – so sehr fehlt ihnen letztlich die Substanz auf dem Hintergrund, dass Gott auch mit dir ist und dich begleitet. Ich habe gemerkt: alle meine Ausreden, dem zu folgen, was Gott von mir will, sind gemeinsam mit den Ausreden des Jeremia in sich zusammengebrochen.

In diesem Moment war mir klar, dass ich nun an den Toren des Priesterseminars würde anklopfen müssen. Es hatte dann zwar noch eine Weile gebraucht, bis ich das meiner Familie, meinen Freunden und in der Pfarrgemeinde sagen konnte: aber die Entscheidung war getroffen!

In den folgenden Jahren im Studium konnte ich erste Schritte auf dem Weg meiner Berufung gehen und entdecken, dass vieles von dem, was ich für vermeintlich unüberwindbar hielt, tatsächlich gar nicht so schwierig war. Zugleich kamen immer wieder neue Fragen und Herausforderungen, vor denen ich stand. Immer wieder konnte ich aber erleben, dass die Zusage Gottes gilt und er mich in allen Schwierigkeiten getragen hat. So konnte ich mein „Ja“ zur Weihe im Jahr 2003 dann gerne geben.

Und auch in meinem priesterlichen Dienst hat sich dies dann fortgesetzt. Als ich etwa vom damaligen Erzbischof Robert Zollitsch gefragt wurde, ob ich sein Sekretär werden würde, sah ich mich dazu wiederum nicht in der Lage. Viele andere Beispiele könnte ich nennen. Letztlich habe ich in den vergangenen 17 Jahren gemerkt: immer dann, wenn ich mir selbst zu sicher war, dass etwas klappt; wenn ich mich zu sehr auf meine eigenen Kräfte verlassen habe, bin ich gescheitert. Wo ich aber auf das Mitgehen Gottes angewiesen war und mich ihm anvertraut habe, konnte ich etwas bewirken.

So gehe ich trotz mancher Schwierigkeiten, die auch künftig zu erwarten sind, zuversichtlich in die Zukunft, wissend darum, dass ein Berufungsweg niemals abgeschlossen ist und immer wieder voller spannender Wendungen weitergehen wird. In all dem ist nämlich letztlich nur eines entscheidend: Gott geht diesen Weg mit.


Alle, die dieses Zeugnis lesen, mögen für diejenigen beten, die eine Aufgabe in der Berufugspastoral haben.

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